Internet und Recht Informationen für Eltern

Gesetzliche Elternpflichten am Beispiel WhatsApp

Das Amtsgericht in Bad Hersfeld hat am 15.05.2017 Leitsätze und Pflichten für Eltern formuliert, falls sie ihren minderjährigen Kindern die Nutzung des Smartphones bzw. von WhatsApp ermöglichen (vgl. http://t1p.de/bkqx). 

kallejipp / photocase.de

Grundsätzlich besteht demnach eine „Pflicht zur elterlichen Aufsicht, Kontrolle und Gefahren-Abwendung bei digitalen 'smarten' Medien (Smartphones, Tablets, Apps, Messenger-Dienste), sowie zu klaren Absprachen und Vorgaben zur familiären Mediennutzung.“

Im Einzelnen werden in dem Beschluss folgende Leitsätze formuliert:

1. „Überlassen Eltern ihrem minderjährigen Kind ein digitales 'smartes' Gerät (z.B. Smartphone) zur dauernden eigenen Nutzung, so stehen sie in der Pflicht, die Nutzung dieses Geräts durch das Kind bis zu dessen Volljährigkeit ordentlich zu begleiten und zu beaufsichtigen.

2. Verfügen die Eltern selbst bislang nicht über hinreichende Kenntnisse von 'smarter' Technik und über die Welt der digitalen Medien, so haben sie sich die erforderlichen Kenntnisse unmittelbar und kontinuierlich anzueignen, um ihre Pflicht zur Begleitung und Aufsicht durchgehend ordentlich erfüllen zu können.

3. Es bestehen keine vernünftigen Gründe, einem Kind ein Smartphone auch noch während der vorgesehenen Schlafenszeit zu überlassen.

4. Es besteht die Notwendigkeit einer Eltern-Kind-Medien-Nutzungsvereinbarung bei erheblichem Fehlverhalten in der Medien-Nutzung durch das Kind als auch durch ein Elternteil, sowie aufkommender Medien-Sucht-Gefahr.

5. Wer den Messenger-Dienst WhatsApp nutzt, übermittelt nach den technischen Vorgaben des Dienstes fortlaufend Daten in Klardaten-Form von allen in dem eigenen Smartphone-Adressbuch eingetragenen Kontaktpersonen an das hinter dem Dienst stehende Unternehmen.

6. Wer durch seine Nutzung von WhatsApp diese andauernde Datenweitergabe zulässt, ohne zuvor von seinen Kontaktpersonen aus dem eigenen Telefon-Adressbuch hierfür jeweils eine Erlaubnis eingeholt zu haben, begeht gegenüber diesen Personen eine deliktische (strafbare) Handlung und begibt sich in die Gefahr, von den betroffenen Personen kostenpflichtig abgemahnt zu werden. (Anmerkung: Vgl. http://www.medien-sicher.de/2015/04/wichtige-fakten-zu-whatsapp/)

7. Nutzen Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren den Messenger-Dienst WhatsApp, trifft die Eltern als Sorgeberechtigte die Pflicht, Ihr Kind auch im Hinblick auf diese Gefahr bei der Nutzung des Messenger-Dienstes aufzuklären und die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Sinne Ihres Kindes zu treffen.

Ergänzt werden diese Leitsätze in dem verhandelten Fall durch konkrete Auflagen, die dem Gericht nachzuweisen sind, z.B.:

1. „Die Kindesmutter wird verpflichtet, mit ihrem Sohn E. eine schriftliche Medien-Nutzungsvereinbarung zu schließen...

2. Die Kindesmutter wird verpflichtet, von allen Personen, welche aktuell im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes E. gespeichert sind, schriftliche Zustimmungserklärungen dahingehend einzuholen, ob diese Personen damit einverstanden sind, dass E. in dem Adressbuch seines Smartphones die Telefonnummer(n) und den Namen - wenn ja, in welcher Form (Pseudonym, Kürzel oder aber Vor- oder/und Nachname als Klardatum) - der jeweiligen Person speichert und dass die Daten von dort dann regelmäßig über die von E. gleichzeitig genutzte Applikation WhatsApp an den Betreiber Whats-App Inc. in Kalifornien/USA übertragen/hochgeladen werden, wo diese Daten zu vielfältigen Zwecken des Betreibers laut dessen Nutzungsbedingungen frei weiter verwendet werden können.

3. Die Kindesmutter wird verpflichtet, regelmäßig - mindestens einmal monatlich - Gespräche mit ihrem Sohn E. über die Verwendung seines Smartphones und über die darauf gespeicherten Kontakte zu führen, sowie das Smartphone und dessen Adressbuch dabei jeweils auch selbst in Augenschein zu nehmen. Hinsichtlich dann jeweils neu im Adressbuch des Smartphones hinzu gekommener Kontaktpersonen hat die Kindesmutter wiederum unverzüglich gemäß der Auflage nach Ziffer 2. zu verfahren.

4. Kann die Kindesmutter… nicht hinsichtlich sämtlicher im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes eingetragener Kontaktpersonen eine schriftliche Zustimmungserklärung gemäß Ziffer 2. nachweisen, so hat sie die Applikation WhatsApp einstweilen von dem Smartphone ihres Sohnes zu entfernen und diese solange von dem Gerät fernzuhalten, bis der Nachweis für alle dort im Adressbuch gespeicherten Personen gegeben ist.

5. Der Kindesmutter wird aufgegeben, ab sofort das Smartphone des Kindes vor dem Schlafengehen jeweils einzuziehen, sowie dem Kind einen anderweitigen, nicht online vernetzten Wecker bereit zu stellen.“

Das Gericht hat hiermit u.a. deutlich gemacht, wie weitreichend die Eltern in der Pflicht sind, mit dafür zu sorgen, dass persönliche Daten Unbeteiligter und damit deren Privatsphäre geschützt und nicht durch unwissendes oder leichtfertiges Verhalten Ihres Kindes bei seiner Smartphonenutzung aufs Spiel gesetzt werden. Der allmählich zunehmende Verlust der Privatsphäre ist das größte Risiko bei der Nutzung von Apps in Smartphones und Tablets. Von daher ist die Bezeichnung „Superwanze“ für ein Smartphone bzw. bei vielen Anwendungen (Apps) nachvollziehbar und gerechtfertigt.