Gefahren beim Umgang mit digitalen Medien Leitfaden Digitale Medien

Leichtfertiger Umgang mit privaten Informationen

Auch für den Schutz der Privatsphäre von Kindern und Jugendlichen zu sorgen, ist in hohem Maße wichtig:

Denn sie wissen in der Regel nicht, wie umfassend die Smartphone- und Internetnutzung ihre Aktivitäten unbekannten Dritten offenlegt und wie viele private Informationen diesen damit in die Hände fallen – ob durch die Nutzung von WhatsApp, SnapChat, Facebook, Instagram, Amazon usw. oder bereits durch Recherchieren im Internet, z.B. mit der Suchmaschine von Google.

»Ich habe nichts zu verbergen!« – Wirklich? Was Ihre Daten bei der Internet-, Smartphone- oder Tabletnutzung alles verraten

Wer im Netz viel unterwegs ist – was inzwischen fast alle Jugendlichen tun – und dabei alles Mögliche über sich offenbart, lässt zu, dass immer mehr Privates ins Öffentliche gelangt: Denn das Internet vergisst nichts! Die meisten Suchmaschinen (z.B. die von Google oder Microsoft) erfassen Ihre Suchanfragen und Ihre IP-Adresse und verwenden sogenannte Tracking-Cookies, die Ihre Suchbegriffe, den Zeitpunkt Ihres Besuchs, sowie die angewählten Links aufzeichnen und speichern. Nur wenige Suchmaschinen verfolgen Sie nicht mit Werbung bzw. sammeln und verbreiten keine Daten Ihrer Suchanfrage (z.B. Startpage oder DuckDuckGo). Ebenso verfahren viele Websites und speichern über Cookies Ihren angewählten Link und andere persönliche Daten. Unter den großen Suchmaschinen hat Google wohl insgeheim die größte Datenbank mit persönlichen Informationen von Einzelpersonen angelegt, die jemals erstellt wurde.

Auch in vielen Apps – u.a. in Spielen wie Pokemon Go – sind Spionagefunktionen entweder versteckt oder sogar offensichtlich eingebaut: Ca. 60% der kostenlosen Apps verlangen für ihre Nutzung Berechtigungen wie Zugriff auf das Adressbuch, den Standort bzw. die GPS-Daten, die Kamera u.a., obwohl diese Berechtigungen mit dem angebotenen Dienst oft nichts zu tun haben und nur der Datensammlung dienen.

2Design / photocase.de

"Jemand, der auf seine Privatsphäre verzichtet, weil er nichts zu verbergen hat, ist wie jemand, der auf seine Meinungsfreiheit verzichtet, weil er nichts zu sagen hat."

Edward Snowden

Die Daten, die zwangsläufig bei der Nutzung des Internets und/oder Smartphones bei jedem Klick anfallen, werden von vielen Firmen, unter anderem von Google, Facebook, Amazon & Co. und auch von den Geheimdiensten, nicht nur gesammelt, sondern zusammengeführt und in vielfacher Hinsicht automatisiert ausgewertet (mit sog. Algorithmen): Es werden Name, Adresse, Telefonnummer, Geburtstag, Geschlecht, Familienverhältnisse, Gesundheitszustand, Vorlieben, Interessen, (politische, religiöse) Überzeugungen und Einstellungen, beruflicher und sozialer Status, soziales Umfeld und Milieuzuordnung, aber auch Konsumgewohnheiten, Bonität, Zahlungsmoral, Kreditwürdigkeit und noch viele weitere Daten des Internetnutzers erfasst. Dieses persönliche Datenprofil (der sog. „Digitale Zwilling“) wird an Marketingspezialisten, Banken, Versicherungen, Personalabteilungen, Behördenmitarbeiter und andere Interessierte, sogar an Hacker und Kriminelle verkauft und so Milliardengewinne gemacht. Persönliche Daten sind sozusagen das Gold des 21. Jahrhunderts, weil so jeder zum mehr oder weniger wertvollen, verkaufbaren Produkt gemacht worden ist. Die kostenlose Nutzung von Apps und anderen Internetanwendungen „bezahlen“ Sie also stets mit Ihren Daten – hoffentlich nicht durch ein leichtfertiges Akzeptieren der Berechtigungen, ohne die die App nicht genutzt werden kann. 

Dabei ziehen Sie stets den Kürzeren: Denn der Wert der App, die Sie kostenlos bekommen, ist ungleich geringer als der Wert Ihrer Daten, die Sie damit preisgeben.

Einbuße Ihrer Privatsphäre heißt: Einschränkung Ihrer Freiheit

Ein Ausspionieren ohne Ihre Einwilligung, was eine vorsätzliche Missachtung Ihrer Privatsphäre darstellt, verletzt Ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf Datenschutz und Privatsphäre, die immer mehr verloren geht, je länger Sie Ihre Daten leichtfertig im Internet preisgeben.

Dieser Verlust Ihrer Privatsphäre (ver)führt nachweislich zu Manipulation, Kontrolle und Einschränkung Ihrer Freiheit. Denn wer so viel von einem Menschen weiß, kann ihn leicht kontrollieren und manipulieren – was auch bereits geschieht:

Ziel der Manipulation sind vor allem Ihr Konsum: Zum Beispiel wird Werbung zunehmend perfekter auf den Konsumenten zugeschnitten. Aber nicht selten wird auch versucht, Ihre Einstellungen zu manipulieren (Stichwort: fake news). Auch können Sie leicht unter Druck gesetzt und verfolgt werden. Ihre Möglichkeiten und die Ihres Kindes können in Zukunft eingeschränkt sein, wenn Versicherungen, Arbeitgeber, Banken u. a. aufgrund der digitalen Datenauswertung nicht mehr unvoreingenommen reagieren: Z. B. könnten bestimmte Dienstleistungen (z. B. Versicherungen) nur unter Auflagen gewährt werden, oder  es wird eine Bewerbung aus unerfindlichen Gründen abgelehnt oder z. B. ein Kredit oder eine Flugreise verwehrt. All dies kann die persönlichen Wünsche und Handlungsmöglichkeiten empfindlich einschränken. Das Internet / Smartphone ist damit nicht nur ein ideales Datenübermittlungsgerät, also ein idealer Spion, sondern vor allem ein Hilfsmittel zur  Überwachung, Kontrolle und Manipulation Ihrer Person geworden. Peter Hensinger (25) schreibt hierzu: »Diese Daten für die eigene Überwachung, die ja bisher nur bei strafrechtlich relevantem Verhalten zulässig war, liefert heute jeder Smartphonenutzer freiwillig, das ist das Neue. Es ist eine Freiheitsfalle. … Das alles stellt Orwells ›1984‹ in den Schatten. Die österreichische Bundesarbeitskammer schreibt dazu in einer beeindruckenden Studie (26):

„Durch die beschriebenen Entwicklungen und Praktiken wird klar, dass eine Art von Überwachungsgesellschaft Realität geworden ist, in der die Bevölkerung ständig auf Basis persönlicher Daten klassifiziert und sortiert wird.““

Schützen Sie sich und Ihre Kinder vor dem Verlust der Privatsphäre

Im täglichen Leben würden die meisten ihr Privatleben kaum Unbekannten offenbaren. Im Internet ist das nicht vollständig vermeidbar. Die wichtigste Vorsorgemaßnahme  – wenn möglich – besteht darin, den Zugang zu privaten Informationen zu sperren bzw. zu beschränken bzw. private Informationen (Name, Vorname, Anschrift, Freunde, Familienstand, private Bilder usw.) nicht leichtfertig mitzuteilen bzw. zu posten. Je weniger private Informationen frei zugänglich sind, desto weniger „Angriffsfläche“ wird unbefugten Nutzern geboten. Kinder und Jugendliche müssen erst lernen und verstehen, warum der Schutz der eigenen Privatsphäre so wichtig ist und wie das im Einzelnen umgesetzt werden kann.

REHvolution.de / photocase.de

Tipp: Kinder ab 13 Jahren, die WhatsApp, Facebook oder andere Dienste im Internet nutzen, sollten generell nie mit ihrem echten Namen agieren, sondern stets mit einem Fantasienamen (Pseudonym). Kinder unter 13 Jahren bekommen z.B. bei WhatsApp und Facebook keinen Zugang.

Beim Smartphone und bei vielen Online-Diensten kann man in Grenzen selbst bestimmen, welche privaten Daten man preisgibt: Einstellungen lassen sich in der Regel im Nutzerprofil vornehmen. Junge Nutzer sollten hier mit persönlichen Angaben sehr sparsam umgehen und sich von ihren Eltern dabei helfen lassen (vgl. http://www.surfen-ohne-risiko.net/).

Soziale Netzwerke haben ein gutes Gedächtnis! Einmal veröffentlichte Fotos lassen sich in ihrer Verbreitung nur schwer kontrollieren und nicht immer bzw. nicht wirklich löschen, denn auch gelöschte Bilder/Inhalte können an anderer Stelle als Kopie noch vorhanden sein – das sollten Kinder und Jugendliche vor jeder Veröffentlichung bedenken! Auch andere Daten, wie Adressen oder Vorlieben, vergisst das Netz nicht so leicht.

Grundsätzlich gilt daher: Je weniger persönliche Angaben Ihr Kind macht, desto sicherer ist die Nutzung. Also nur Daten eingeben, die wirklich nötig sind!

Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Kindern und Jugendlichen Handynutzungsregeln, verbunden mit umfassender Aufklärung über typische Gefahren und Probleme, insbesondere beim Einstellen oder Verbreiten von Bildern oder Videos im Internet. Sensibilisieren Sie die Kinder und Jugendlichen, dass ein einmal ins Internet eingestelltes Bild oder Video sich schnell verbreitet und nicht mehr zurückgeholt bzw. einfach gelöscht werden kann – mit vielen möglichen negativen Folgen.

  • Überlegen Sie vor dem Download einer kostenlosen App, ob Sie oder Ihr Kind diese wirklich brauchen.
  • Investieren Sie lieber etwas Geld, wenn Sie dafür eine App bekommen, die keine persönlichen Daten auf Ihrem Smartphone, PC oder Tablet ausspioniert.
  • Nutzen Sie eine VPN-Software (z.B. von Steganos), die persönliche Daten bei der Internetnutzung anonymisiert (VPN=Virtual Private Network), insbesondere bei der Nutzung öffentlicher WLAN-Netze.
  • Nutzen Sie die vielfältigen Hinweise im Internet und in Büchern, wie Sie Ihre Privatsphäre schützen können (z.B. http://www.klicksafe.de/).

Risiko „Sexting“

Eine besonders gefährliche Situation entsteht, wenn junge Mädchen (unter Druck oder freiwillig) intime Fotos von sich bis hin zu Nacktfotos z.B. ihrem Freund zusenden oder sogar ins Netz stellen (sog. Sexting). Am sichersten ist es, solche Fotos erst gar nicht mit dem Smartphone zu machen, da manche Apps die Bilder abgreifen können, ohne das dies bemerkt wird. Und wenn doch solche Fotos gemacht werden, sollten sie niemandem zugesendet werden, auch nicht den besten Freunden: Denn was geschieht mit den Fotos oder Videos, wenn die Freundschaft auseinanderbricht oder aus Freunden Feinde werden? Sind die Bilder erst einmal weitergegeben, hat man keine Kontrolle mehr über ihre weitere Verwendung (auch nicht bei Snap-Chat, wo Bilder nach kurzer Zeit gelöscht werden, denn vorher können Kopien erstellt werden). Sie werden in der Regel in kürzester Zeit im Internet verbreitet und sind oft Anlass für Bloßstellung, Demütigung oder sogar für Erpressung. Nicht selten sind sie rufschädigend.

Es ist zwar möglich, gegen diejenigen vorzugehen, die die Bilder weitergeleitet haben, auch Klassen- und Schulkameraden können zur Verantwortung gezogen werden, denn ab 14 Jahren sind sie strafmündig. Dabei sind oft mehrere Straftatbestände erfüllt: die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201b STGB), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§174ff. STGB), Beleidigung (§185 STGB), sowie üble Nachrede (§186 STGB) (vgl. ).

Unter dem Suchwort „Sexting“ finden Sie im Internet diese und viele weitere Informationen und Hilfen, u.a. unter http://www.klicksafe.de/themen/problematische-inhalte/sexting/ oder http://www.ndr.de/ratgeber/netzwelt/sexting103.html oder
https://www.schau-hin.info/medien/mobile-geraete/wissenswertes/sexting.html oder http://www.medien-sicher.de/2013/11/liebe-eltern-eine-offene-e-mail/.

Risiko „Chatten mit Fremden“

Eine weitere Gefahr stellen Kontaktangebote von Fremden dar, die sich – meist unter einem Pseudonym – zunächst das Vertrauen von Kindern erschleichen und sie später zu Handlungen verlocken oder drängen, denen sie sich kaum noch ohne Hilfe entziehen können.

Klären Sie Ihre Kinder über solche hinterhältigen Angebote und Verlockungen auf! (Vgl. http://www.chatten-ohne-risiko.net/  und  https://www.seitenstark.de/kinder/sicheres-internet/sicher-chatten)

Hilfen zur Prävention und Intervention bei sexuellem Kindesmissbrauch

Sie wissen alles
Autor: Yvonne Hofstetter
Veröffentlicht am: 15.09.2014
352 Seiten
Sie kennen dich! Sie haben dich! Sie steuern dich!
Autor: Markus Morgenroth
Veröffentlicht am: 21.08.2014
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Mich kriegt ihr nicht!
Autor: Steffan Heuer, Pernille Tranberg
Veröffentlicht am: 03.10.2013
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Digitaler Turmbau zu Babel
Autor: Werner Thiede
Veröffentlicht am: 12.02.2015
238 Seiten