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Was macht die digitale Revolution mit unseren Kindern? - diagnose-media.org

Was macht die digitale Revolution mit unseren Kindern?

Ein Aufsatz von Dr. Erika Butzmann

"Der zu frühe und übermäßige Gebrauch digitaler Medien beeinträchtigt die Gehirnentwicklung beim Kind!", resummiert die Erziehungswissenschaftlerin, Psychologin und Autorin.

Dr. Erika Butzmann, verheiratet, 2 Kinder, 4 Enkelkinder, Studium der Erziehungs­wissenschaften und der Psychologie, Promotion zur sozial-kognitiven Entwicklung im Kindesalter im Jahr 2000. Seit 25 Jahren tätig in der Elternbildung und –beratung und in der Weiterbildung für Erzieherinnen. Von 2002 bis 2008 Lehraufträge an der Universität Bremen.

Was macht die digitale Revolution mit unseren Kindern?

Der zu frühe und übermäßige Gebrauch digitaler Medien beeinträchtigt die Gehirnentwicklung beim Kind!

Erika Butzmann, 2018

In den letzten 10 Jahren ist das Smartphone zu einem Lebensmittel­punkt für viele Menschen geworden. Weltweit nutzen mehr als 90 Prozent der Erwachsenen ein Handy, gut die Hälte davon ein Smartphone - länger als drei Stunden pro Tag. Angesichts der damit verbundenen ungeheuren Möglichkeiten sieht kaum jemand, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Kinder hat.

Seit kurzem kommen die ersten deutlichen Warnungen von Wissen­schaftlern, Kinderärzten und Jugendämtern im Hinblick darauf, wie der Smartphone-Gebrauch von Eltern das Bindungs- und Spielver­halten kleiner Kinder beeinflusst. Beides ist die Grundlage für psychische Gesundheit und emotionale, soziale und kognitive Bildung und jede Störung hat Folgen für die weitere Entwicklung. Experten raten Eltern dringend, ihre Gewohn­heiten im Umgang mit digitalen Medien im Sinne eines guten Aufwachsens ihrer Kinder so weit wie möglich umzustellen.

So stellt sich die Frage, wie eine solche Umstellung zu bewerkstelligen ist bei Beachtung der Bedürfnisse aller Beteiligten. Zu Beginn der Entwicklung eines Kindes müssen natürlich die Bedürfnisse des Kindes im Mittelpunkt stehen. Dazu ist es hilfreich, diese Bedürfnisse genauer zu kennen:

Auswirkungen auf Bindung und Spiel

Damit Kinder in den ersten zwei Jahren eine sichere Bindung zur primären Bezugsperson aufbauen können, benötigen sie die ungestörte Aufmerksamkeit, den feinfühligen Umgang und weitgehende Anwesenheit dieser Person. Ist die Aufmerksamkeit der Eltern immer wieder abgezogen durch die vollkommene Konzentration auf ein digitales Medium, reagieren die meisten Kinder verstört darauf. Machen die Kinder eine solche Erfahrung von Anfang sehr häufig, reagieren sie zwar irgendwann nicht mehr, ihre Bindungsbemühungen gehen jedoch zurück und auch ihr Spielverhalten lässt nach; denn das für das Spielen notwendige Sicherheitsgefühl kann sich nicht einstellen.

Wenn jedoch die Eltern dazu übergehen, dem kleinen Kind das hoch interessante Smartphone zum Spielen zu überlassen, ist es ruhig und zufrieden. Passiert das häufig und über längere Zeit, wird es in seiner Entwicklung in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt: Der biologisch angelegte Lernprozess wird gestört und in der Folge besteht die Gefahr des Suchtverhaltens.

Gebremster Bewegungsdrang behindert das Lernen

Zuerst geht es um die Störungen des Lernprozesses. Bei kleinen Kindern wird dieses Lernen ausschließlich über die Bewegung und das sensorische Empfinden in Gang gesetzt. Die ersten zwei Jahre werden deshalb auch als senso-motorische Phase bezeichnet. Darüber werden die Milliarden Gehirnzellen und die einzelnen Bereiche im Gehirn nach und nach verknüpft, so dass in der Folge gegen Ende des zweiten Lebensjahres Denken möglich ist. Vorher ist Denken und Handeln dasselbe.

Wird die Bewegungslust durch ein solch faszinie­rendes Spielzeug nicht mehr empfunden, kommen die biologisch verankerten Antriebe des Erkundens, der Wissbegierde, der Nachahmung, des Spiels und des schöpferischen Erfindens nicht oder zu wenig zum Einsatz. Der Übergang vom Handeln zum Denken kann sich so nicht störungsfrei entwickeln, so dass es zu Entwicklungs­ver­zögerungen kommt. In der Regel zeigt sich dieser Übergang am Selbsterkennen mit etwa zwei Jahren, wenn das Kind zum ernste Mal ICH zu sich selbst sagt.

In den ständigen Bewegungen dieser Phase und damit den sensorischen Erfahrungen, die sich automatisch einstellen,  erfährt das Kind die dingliche Welt und die räumliche Realität, was über die Ansammlung von Wissen seine Intelligenz rapide vorantreibt.

Das kann vor Bildschirmen nicht geschehen. Das Kind erlebt nur eine Abstraktion der dinglichen Welt, die es bis weit ins Grundschulalter hinein nicht verarbeiten kann. Denn: Was es sieht, ist flächig; man kann es nicht anfassen, nicht schmecken, nicht riechen, nicht ertasten. Es kann also keine für das Denken so wichtigen konkreten sinnlichen Erfahrungen machen, wenn es sich häufig und langzeitig mit digitalen Medien befasst.

Bewegung ist notwendig für Selbstwahrnehmung, Selbstwertgefühl und Gehirnentwicklung

Die Bewegung spielt bis weit ins Grundschulalter hinein die wesentliche Rolle für die gesamte Entwicklung, denn sie ist auch die Grundlage für das Körperempfinden und damit für das Selbständig­keits­­empfinden. Besonders in den ersten Jahren entwickelt das Kind über die Erfahrung, was es mit seinem Körper machen kann, ein Bild von seinen eigenen Fähigkeiten, was es kann, was nicht gelingt, also von seiner Leistungs­fähigkeit insgesamt. Dies ist eine wichtige Grundlage für ein positives Selbstwertgefühl.

Auch die Feinmotorik bewirkt bis weit ins Grundschulalter hinein die Ausbildung von speziellen Strukturen im Stirnhirn; deshalb ist zuerst das feinmotorische Erkunden der Umwelt und später das Malen und Schreiben mit der Hand so wichtig. Wird dies durch das ausschließliche Antippen von Tasten oder dauerndes Wischen ersetzt, bleiben diese Strukturen unterentwickelt.

Die digitalen Medien passen also in den so wichtigen senso-motorischen Entwicklungsrahmen der ersten 10 Jahre nicht hinein. Gibt es zu viele Störungen, besonders in der frühen Zeit, führt das zur Einschränkung in der geistigen Entwicklung. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass das Kind bereits im Vorschulalter Suchtverhalten entwickelt.

Warum kann der Umgang mit digitalen Medien schon kleine Kinder süchtig machen?

Das digitale Feuerwerk schneller Videos und bunter Animationen löst ein Reizbombardement aus, das auf das Stammhirn (unteres limbisches System) niedergeht. Es trifft in erster Linie das Belohnungs­system, das völlig überdreht. Bestimmte Module reifen dann zu schnell und unzulänglich. Wichtige Teilbereiche des Stirnhirns können sich nicht voll entfalten.

Bei Klein- und Grundschul-Kindern ist das Stirnhirn (präfrontaler Cortex) noch nicht so weit ausge­bildet, dass es die notwendige Kontrolle über Belohnungsreize ausüben kann. Also verlangt das Kind immer wieder nach dem Gerät. Das führt sehr bald zu Suchtverhalten. Die Kinder verlangen ständig und völlig außer sich nach dem digitalen Spielzeug, sind nicht einsichtig für Erklärungen und interessieren sich nicht mehr für konkrete Spielangebote.

Kurzschluss im Belohnungssystem

Um diese Suchtgefahr zu verstehen, hilft das Wissen über den Ablauf des normalen Lernprozesses, der zur Speicherung des Wahrgenommenen führt. Dazu muss das zu Lernende immer an vorhandenes Wissen anknüp­fen können, der Ort wird gespeichert, in dem der Lernakt stattfindet sowie das in dem Moment empfundene Gefühl. Ist das Wissen neu und interessant, verursacht es ein positives Gefühl. Dann wird Dopamin ausgeschüttet oder Serotonin und man ist motiviert, weiter zu machen, um das gute Gefühl wieder zu erleben. Man bleibt also aktiv und lernt. Nach einer solchen längerfristigen Kombi­na­tion (weil der Hypocampus langsam ist, er andere Nervenzellen hat und er damit für die Langzeit­speicherung sorgt) ist das Wissen dann später auch als Erinnerung abrufbar.

Der digitale Sinnesreiz dagegen schießt sich jedoch auf verkürztem Weg direkt ins Lustzentrum des limbischen Systems (Ausschüttung von Dopamin) und trickst den zum Lernen notwendigen Weg über den Hypocampus und den Gedächtnisspeicher im Großhirn aus. Die neuronale Verarbeitung von Lern­inhalten verkürzt sich, die Verbindungen im Gehirn kommen nicht zustande, so dass eine solide Langzeitspeicherung unmöglich wird.

Smartphone zur Ruhigstellung fördert die Sucht

Wenn kleine Kinder das Smartphone der Eltern zur Ruhigstellung bekommen, wirkt dieses Feuerwerk besonders stark. Die ganz Kleinen sind vorerst nur an der Wischbewegung interessiert (Funktionslust), weil die kleinen schnellen Bilder noch nicht richtig wahrgenommen werden. Sobald das der Fall ist, trifft sie das digitale Feuerwerk mit u.U. langfristigen Folgen, wenn sie häufig damit spielen.

Die Einschränkungen in der Entwicklung durch den Suchtfaktor werden verstärkt durch die Tatsache, dass wir Menschen (Männer mehr als Frauen) immer neugierig auf Dinge sind, die sich bewegen. Ein Tablet oder Smartphone mit bewegten Bildern zieht kleine Kinder so heftig an, dass Spielmaterialien und Spielfiguren an Attraktivität verlieren. Denn da muss das Kind jede Figur, jedes Teil einzeln bewegen, sich im Kopf eine Handlung ausdenken, während auf digitalen Medien alles automatisch abläuft. Also gibt es kein Training im Denken wie beim selbst gesteuerten Spiel!

Das Kind muss auch keine Willenskraft aufwenden, um etwas zu erreichen. Dann spürt es auch die positiven Gefühle über das Erreichte nicht, so dass seine natürliche Leistungsbereitschaft zurück geht. Seine Konzentrationsfähigkeit wird nicht geübt, was im Hinblick auf die spätere Schulfähigkeit kritisch ist.

Eltern kennen das: Wenn Kinder drei Stunden im Freien gespielt haben, sind sie hinterher ruhig und ausgeglichen. Wenn sie 3 Stunden Videogames machen, sind sie schlecht gelaunt und völlig aus dem Gleichgewicht (s. Überforderung des Stammhirns). Kinder und auch Erwachsene spüren sich eben nur über den Körper und nicht über den Computer.

"Schau mich an!" Wenn Eltern vom Smartphone gefesselt sind

Die negativen Einflüsse des frühen Umgangs von kleinen Kindern mit digitalen Medien ist die eine Seite des Problems. Die andere Seite betrifft das Verhalten von Eltern, die in Gegenwart der Kinder ständig auf ihr Smartphone schauen.

Wie eingangs beschrieben sind besonders die Kinder unter drei Jahren immer darauf angewiesen, von den Eltern wahrgenommen zu werden, damit ihre Bindungsbemühungen nicht ins Leere laufen. Ist die Aufmerksamkeit der Eltern durch ihr Smartphone  abgezogen, reagieren viele Kinder zuerst mit Unruhe und negativem Verhalten. Hilft das nicht, stellen sie ihre Bindungsbemühungen ein. Sie fühlen sich völlig allein gelassen, schutzlos, hilflos. Ein sozial-emotional guter Start ins Leben kann so nicht gelingen.

Teil 2

Störungen der Entwicklung zum abstrakten Denken

Neben dem Suchtpotenzial greift der frühe und häufige Umgang mit der Bilderwelt des Smartphone in die Entwicklung von Vor- und Grundschulkindern sowohl in den kognitiven /intellektuellen als auch in den sozialen und in den Bereich der Selbstkontrolle ein, eine der wichtigsten Lern-Vorausset­zun­gen.

Wie Lernprozesse beeinträchtigt sind, habe ich schon erläutert. Hinzu kommt beim Lernen eine weitere Einschränkung: Zwischen 6 und 10 Jahren können die Kinder zwar durchgängig logisch denken (vorher vorlogisch oder transduktiv), benötigen aber immer noch konkrete Vorgaben, um Zusammenhänge zu verstehen, können also noch nicht abstrakt und systematisch denken, um Dinge zu hinterfragen.

Es ist sicher bekannt, dass während der Grundschulalters die Bilder in den Schulbüchern weniger werden und die Texte mehr. Das ist zwar selbstverständlich, dahinter steckt jedoch etwas Wichtiges: in den ersten drei Schuljahren sind die Kinder noch auf anschauliche Darstellungen in Büchern und im Unterricht angewiesen, um Zusammenhänge zu erkennen; also brauchen sie Bilder, die man länger betrachten kann.

In der vierten Klasse gibt es dann den Übergang vom anschaulichen Denken zum abstrakten Denken, also ein von konkreten Anschauungen unabhängiges Denken. Die Übung dazu passiert etwa durch das Schreiben, Lesen und Hören von Darstellungen, die sich die Kinder im Kopf vorstellen müssen. Wenn also in dem Alter die Bilderflut mit den schnellen Wechseln stark überwiegt, schränkt das die Entwicklung zum abstrakten Denken und damit zur umfassenden Intelligenz ein. Die Kinder lernen nicht, selbst nachzudenken, Vorstellungen zu entwickeln, daraus Handlungen zu planen, Verantwor­tung für das eigene Handeln zu übernehmen und Prozesse zu überdenken und zu durchschauen.

Damit verhindert der zu frühe und dauerhafte Medienkonsum gerade die Schlüsselqualifi­kationen, die für die Beherrschung der digitalen Medien gebraucht werden!

Soziales Denken und Empfinden- Empathie und "Mind-Mindedness"

Die Verbundenheit mit den nahestehenden Menschen lockert sich derzeit ohnehin auf. Mit dem Smartphone wird sich diese Verbundenheit noch weiter auflösen, wenn zunehmend mehr Kinder vor der Pubertät damit ständig hantieren. Im Grund­schul­alter entwickelt sich das soziale Denken und Verstehen differenzierter.

Nach der intensiven senso-motorischen Entwicklung, mit der die Grundlagen des Denkens (Ich-Erkennen) und der Sprache erworben und stabilisiert wurden, steht als nächstes die soziale Entwicklung auf dem Reifeplan. Es ist die Zeit, wo sich das ichbezogene Denken aufgliedert und die Kinder mühsam lernen, sich in den anderen hinein zu versetzen.

Das beginnt langsam mit 3 Jahren ("Gefühlsansteckung" bei den Kleinen). Dann wird das Spiel mit anderen Kindern besonders wichtig, weil das soziale Lernen am Beginn über das bewusste gemeinsame Spiel in Gang kommt: Beim Rollenspiel schlüpfen die Kinder in verschiedene Rollen und üben dabei, sich in die andere Rolle hinein zu versetzen. Sie sind dabei immer sehr aktiv, laufen und springen herum, bewegen Spielsachen und reden ununterbrochen.

Das (Rollen-)Spiel ist die natürliche Form des sozialen Lernens, die bei allen Kinder auf der Welt von ganz allein funktioniert. Denn dieses soziale Lernen im Spiel passiert unbewusst - den Kindern ist nur bewusst, dass sie spielen, aber sie reflektieren nicht den Inhalt des Spiels, handeln spontan. Es ist ein Training im Kopf, das erst zwischen 4 und 6 Jahren langsam bewusst wird.

Deshalb können Kinder bis ins Grundschulalter hinein (besonders Jungen) noch nicht über Gefühls­konflikte sprechen. Erst danach verhalten sich die meisten Kinder von sich aus sozial (z.B. teilen etwas, weil sie die Bedürfnisse des anderen verstehen können) und sind oft erstaunt über ihre eigenen sozialen Gefühle. Sie berichten nachdenklich darüber und nicht mehr loberheischend wie früher.

Durch die Bilder im Fernsehen oder aus den aufgesetzten Projekten zum emotionalen Lernen wird dieser Prozess eher gestört. Wenn das Kind nun im Fernsehen solche Rollenspiele sieht oder die Gefühlskarten z.B. aus „Faustlos“ ansieht, hat das kaum eine soziale Wirkung; denn das Üben des "Sich-in andere-Hineinzuversetzens" braucht einen echten Spielpartner und funktioniert nicht durch Vorgaben von außen.

"Gefühlsansteckung" und das Ausleben der Gefühle wird gebremst

Zwischen 7 und 10 Jahren bildet sich beim Kind nach und nach der Hirnbereich aus, der das Hineinversetzen in die Gefühle des anderen erst richtig ermöglicht. Dieses Hineinversetzen wird immer unterstützt durch die Gefühlsansteckung (Spiegelneuronen, Oxytocin), die bei allen Menschen mehr oder weniger stark von Geburt an vorhanden ist.

Bei einem überwiegenden Austausch per Smartphone aber fehlt dieser Motor der Gefühlsansteckung. Das soziale Empfinden und Denken wird oberflächlicher, wenn die Übungsphase in der Kindheit für ein tieferes soziales Verstehen nicht ausreichend genutzt wurde. Die direkten sozialen Kontakte in der Familie, mit den Freunden und Klassenkameraden sind ein unabdingbares Übungsfeld für die soziale Entwicklung.  

Die Intensität dieser besonderen Entwicklungsphase ergibt sich daraus, dass Grundschulkinder sehr stark ihre Gefühle ausleben. Sie juchzen, schreien, lachen, rennen und sind beim Spiel oft kaum zu bändigen. Dieses Ausleben der Gefühle setzt die Glückshormone Dopamin und Serotonin frei, was das kognitive Lernen fördert und ist darüber hinaus die Basis für das soziale Lernen. Das Verhalten nimmt ab, wenn sich das Selbstbewusstsein des Kindes stabilisiert und solches „Kinderverhalten“ nicht mehr gut gefunden wird. Dann sind die Kinder älter als 10 Jahre und ihr soziales Verstehen ist auf einem hohen Niveau stabil.

Das passiert nicht oder nur sehr eingeschränkt, wenn sie in dieser Zeit viele Stunden täglich mit digitalen Medien zubringen.

Wann sollten Kinder ein Smartphone bekommen?

Wenn Kinder erst mit Beginn der Pubertät (zwischen 11 und 14 Jahren) ein Smartphone bekommen, haben sie einen guten Vorlauf im Bezug auf moralisch-ethisches Denken und Verhalten, das die Wirren der Pubertät übersteht. Aber auch hier müssen die Eltern immer noch kontrollieren.

Ist das nicht der Fall, besteht langfristig die Gefahr wie auf dem Bild von Catherine Balet dargestellt. Das Interesse für den leibhaftigen anderen und seine Besonderheiten bleibt auf der Strecke. Kinder erhalten nicht mehr die psychisch lebenswichtige Aufmerksamkeit von ihren Eltern.

Der dritte Aspekt betrifft die Selbstkontrolle. Diese wichtige Fähigkeit für das Sozialverhalten wird in der Vorschulzeit ab dem 4. Lebensjahr möglich, wenn die Kinder immer wieder beim gemeinsamen Spielen, Singen und Basteln lernen, auf andere Rücksicht zu nehmen, sich also selbst zu kontrollieren. Dieser Entwicklung dauert mehr als drei Jahre, bevor die Fähigkeit nach außen überhaupt deutlich wird. Sie muss im Grundschulalter immer wieder durch das gemeinsame Spiel trainiert werden, um sich zu stabilisieren. Wenn in dieser Zeit das Smartphone schon zur Ausstattung des Kindes gehört, wird über den Suchtfaktor das Spiel mit den anderen uninteressant.

Erst die nötige Reife, dann das Smartphone

All diese Erkenntnisse über die kindliche Entwicklung interessiert offensichtlich kaum jemanden - häufig auch die "Experten" nicht; denn sie versuchen mit aller Macht (die Wirtschaft im Nacken), den Kindern so früh wie möglich digitale Kompetenzen zu vermitteln (ein Beispiel: nifbe - Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung ). Dabei missachten sie vollkom­men die Entwick­lungsbedürfnisse von Kindern. Werden diese ausreichend befriedigt, können sie sich nach der Grundschulzeit digitale Kompetenzen in kürzester Zeit aneignen.

Die Sorge, die Eltern haben, dass ihr Kind nicht mithalten kann bei der Entwicklung, wenn sie nicht sehr früh mit der "digitalen Bildung" beginnen, ist unbegründet; denn die Kinder lernen den Gebrauch des Gerätes sehr schnell, wenn ihr Gehirn weit genug ausgreift ist.

Es gibt allerdings einige Kinder (meistens Jungen), die schon früher (im Grundschul-Alter) das digitale Gerät zu erforschen und die Zusammenhänge zu verstehen versuchen. Dann ist für sie auch nicht das Spielen damit so wichtig, also der Suchtfaktor spielt keine so große Rolle, sondern das Funktionieren des Gerätes. Hier ist also die Funktionslust der Motor. Dann kann das ab ca. 9 Jahren möglich sein mit klaren Zeitbegrenzungen und der Kontrolle und Begleitung durch die Eltern. Das sind meistens Kinder, die in ihrer Entwicklung anderen voraus sind.

Eltern sollten sich ihrer Vorbildrolle bewusst sein

Insgesamt müssen sich Eltern jedoch ihrer Vorbildfunktion sehr bewusst sein, denn wenn sie selbst ständig das Smartphone in der Hand haben, können sie dies den Kindern nicht ausreden. Dann sind sie unglaubwürdig, d.h. die Kinder lernen, dass das Smartphone einen besonderen Wert hat. Beim Smart­phone ist es äußerst wichtig, dass Eltern ihren kleinen Kindern dieses Gerät nicht als Beruhigungsmittel überlassen. Das muss für die Kinder genauso tabu sein wie alle anderen notwendigerweise verbotenen Sachen (Kaffee, Alkohol, ständige Süßigkeiten, Autofahren!).

Wenn das Smartphone dann vorhanden ist, muss eine genaue Vereinbarung über den Gebrauch getroffen werden (zeitlich begrenzt, nicht am Tisch, nicht bei Besuch, nicht vor dem Schlafengehen usw.), deren Einhaltung die Eltern rigoros überwachen sollten (Konsequenz: dann ist das Smartphone weg!). Strikte Regeln, eher verordnet als verhandelt, sollten helfen, den Kindern ein Bewusstsein für die Nachteile des Geräts deutlich zu machen.

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Artikel veröffentlicht: 25.10.2018

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